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| Archive - Vom Bubikopf zur Dauerwelle - Comments
Abschlusskommentar
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich moechte zunaechst herzlich fuer die zahlreichen, anregenden und weiterfuehrende Kommentare zu meinem Beitrag bedanken. Viele Anregungen werde ich gerne aufnehmen und bedenken. Zudem entschuldige ich mich, dass ich diese Zeilen nur auf deutsch und nicht auf russisch verfasse und bedanke mich gleichzeitig fuer die aussergewoehnliche Uebersetzungsarbeit meiner Celjabinsker Kolleginnen (Oxana Nagornaja, Olga Nikonova).
Der Beitrag ist nicht Teil einer empirischen Studie ueber Frauen in der Roten Armee waehrend des Zweiten Weltkriegs, sondern bildet einen Aspekt meines derzeitigen Forschungsprojektes ueber Erinnerungskulturen und ?muster an den Zweiten Weltkrieg in der Sowjetunion ab. Die Gruppe der genannten Fliegerinnen scheint vielleicht wenig originell zu sein, sie bietet sich dennoch auf Grund der komfortablen Materialfuelle (fuer einen relativ grossen Zeitraum) fuer eine Untersuchung an. In dem vorliegenden Text habe ich versucht, Bildquellen und Textquellen (publizierte/unpublizierte) zu kombinieren, sehe aber das Desiderat, die Interpretationen noch enger aufeinander zu beziehen. Ich hoffe auch, einige Zeitzeuginnen ergaenzend befragen zu koennen. Wie bereits in den Fussnoten erwaehnt, habe ich bewusst die Filme ausgelassen, werde sie aber ebenfalls zur Vervollstaendigung auswerten.
Bei den Kommentaren wurden auch sehr deutlich, dass es sehr unterschiedliche, kontroverse Interpretationsmoeglichkeiten der Bilder, Selbst- und Fremdwahrnehmungen geben kann, die sich staerker beruecksichtigen werde.
Sehr dankbar bin ich fuer Hinweise auf ikonographische Traditionen (Bezug zum 1. weltkrieg, zu Plakaten aus den 1930er Jahren), die in der Tat im Rahmen eines sowjetischen Bildgedaechtnisses analysiert werden muessen.
Die kontrovers diskutierte Rolle von Frauen in den Nachkriegsjahren (Marginalisierung vs. Kleinem Anteil an der Roten Armee) moechte ich nochmals ansprechen. Natuerlich war der Anteil von Frauen im Vergleich zu Maennern relativ gering, aber mit geschaetzten 1 Million doch wiederum so gross, dass man sie als Gruppe nicht vernachlaessigen kann. Die konservativen und traditionellen Rollenvorstellungen in den Nachkriegsjahren sind angesichts dieser Personenzahl, aber auch angesichts der sozialen Wirklichkeit verwunderlich: Frauen waren zunehmen mehr in die Arbeitskraft eingebunden und keinesfalls nur Mutter und Hausfrau. Wenn die Plakatpropaganda und Bildsprache dennoch dieses Weiblichkeitsideal favorisiert, laesst sich dahinter eine klare Rollenzuweisung vermuten, die als Legitimationsgrundlage fuer unterschiedliche Loehne, soziale Statusunterschiede, Geschlechterungleichheit und Geschlechterhierachien dienen kann. Allein auf der Basis weiblicher Berufstaetigkeit waeren andere Rollenpraesentationen moeglich gewesen. Dass Frauen selber, besonders ehemalige Kriegsteilnehmerinnen durch die Darstellung als glueckliche Mutter Normalitaet konstruierten, ist eine andere Lesart. Die Verkoerperung von Unversehrtheit (koerpelrich/seelisch) kann als (narrative) Strategie gewertet werden, Traumata, Verstoerungen und Verletzungen, die im Krieg erlitten wurden, zu kompensieren. In Vergleichsstudien zu deutschen Frauenbiographien aus der NS-Zeit tauchen solche Handlungsmuster ebenfalls auf (Bewaeltigungsstrategien).
Kontrovers diskutiert wurde auch der Begriff der ?toetenden Muetter?, den Anna Krylova gepraegt hat. Damit gemeint ist das Schweigen ueber negative Erlebnisse im Krieg, die eine Darstellung als Sieger und Heldin hinterfragen wuerden. Dann muesste die Frage nach dem Preis des Sieges, nach persoenlichen Folgen des Kriegsalltags gestellt werden. Sicherlich werden auch kritische Toene in den Memoiren der Fliegerinnen genannt, in den Archivdokumenten finden sich Aeusserungen ueber Angst bei Bombenangriffen. Dennoch gibt es eine Ebene des Erzaehlens, die meines Erachtens verschlossen bleibt: der private Koerper und das private Erleben. Die Fliegerinnen praesentieren vor allem ihren sozialen Koerper und soziales Erleben.
Die Hinweise auf Publikationen und Dissertationen nehme ich dankend entgegen. Ich freue mich ueber weitere, angeregte Diskussionen.
Carmen Scheide
Basel, 25.01.2007
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Kommentar zu Carmen Scheide: Vom Bubikopf zur Dauerwelle: Selbst- und Fremdbilder sowjetischer ?Nachthexen?.
Wie sind Bilder als historische Quellen einzusetzen? Als Texte, die wir lesen, oder lediglich als Illustrationen? Carmen Scheides Artikel ?Vom Bubikopf zur Dauerwelle: Selbst- und Fremdbilder sowjetischer ?Nachthexen?? brachte die Arbeitsgemeinschaft zur j?dischen und osteurop?ischen Geschichte und Kultur in methodische Diskussionen. Die Autorin befasst sich mit einem in der historischen Russlandforschung kaum beachteten Aspekt, n?mlich mit dem Fronteinsatz von Frauen im Zweiten Weltkrieg. Totgeschwiegen oder nicht, sind die Erz?hlungen und Fotodokumente dieser Frauen einzigartige Dokumente, die einen anderen Alltag im Krieg als den tausendfach publizierten m?nnlichen zeigen. Ausgehend von Pierre Bourdieu analysiert Scheide acht Bilder, die ? kurz gesagt ? die Verm?nnlichung der Frau im Krieg und ihre anschliessende auferzwungene erneute Verweiblichung zeigen w?rden.
Doch zuerst zu den methodischen Diskussionen: Das Kolloquium war sich in seiner Diskussion einig, dass, obwohl der Umgang mit Bildern Gefahren in sich birgt, diese dennoch als historische Quellen mit der von Texten gewohnten Quelleninterpretation zu untersuchen sind. Dennoch sind Fotographien nicht endlos interpretierbar, sondern nur im Kontext von erg?nzenden Texten (Selbstzeugnissen) in ihrer Aussagekraft verstehbar. Bei Bildern anonymer Provenienz k?nnten sich zudem Unklarheiten in die Interpretation einschleichen: Sie k?nnten falsch zugeordnet werden. Dabei sollte in allen Untersuchungen stets ber?cksichtigt werden, dass Fotos in ikonographischen Traditionen stehen: Schnappsch?sse ebenso wie gestellte Bilder. So ist die vermeintliche Realit?t auf Bildern/Fotos immer eine eingeschr?nkte, im vorliegenden Beispiel etwa bei der Nichtdarstellung von verwundeten Frauen. Fragen ergeben sich deshalb an Fotos wie von selbst: Sind es inszenierte Szenen? Was wurde arrangiert oder weggelassen? In gleichem Masse ist sowohl nach der Motivation des Fotographen zu fragen als auch nach der eigenen Herangehensweise: Mit welchen Vorbehalten geht man an die Interpretation von Bildern? Dabei gilt es, die Manipulation des Betrachters durch die Bildkomposition zu ?berdenken. Carmen Scheide betont so auch, dass der Betrachter stets sein eigenes System von Regeln, die so genannten Leseschablonen, jeweils auf das Foto ?bertr?gt.
Dies tat auch die Autorin. Sie analysiert Kleidung und Frisuren der Soldatinnen, eben K?rperinszenierungen, die traditionelle Geschlechterordnungen darstellen. Klar sei auf den von ihr untersuchten Bildern die Zurechtr?ckung der Frauenrolle nach Ende des Zweiten Weltkriegs erkennbar. Übersehen wurde jedoch, dass auch die M?nnerrolle ebenso eine Neuinterpretation erfuhr. Das von ihr in Bezug auf ihre Geschlechterhierarchie negativ erscheinende Bild einer sowjetischen Familie um 1950 (S. 9), das einen Mann in Uniform mit einem Kind auf dem Arm und die Frau in Sch?rze mit Orden zeigt, wurde von Kolloquiumsteilnehmern anders gesehen. Wollten Frauen nicht nach dem Krieg wieder Frau und Mutter sein? Wurde der Mann in Uniform hier nicht auch inszeniert als f?rsorglicher Ehemann und Vater? Sollte nicht die militarisierte Gesellschaft durch eine ?traditionelle? Familienpolitik stabilisiert werden? K?nnte es sich auch zum einen um eine propagandistische Aufnahme, zum anderen um ein nach sowjetischer Fotomanier gestelltes Bild handeln? Ist der Orden der Frau nicht ein eindeutiger Ausdruck der (nicht nur) milit?rischen Wertsch?tzung der weiblichen K?mpferin f?r den Sozialismus? Auch hinzugezogene Erinnerungen der ?Nachthexen? st?tzen vielmehr die These, dass sich Frauen gerne wieder nach der Zeit der milit?rischen Vereinnahmung, zu der sie sich auch freiwillig (!) gemeldet hatten, als Frauen darstellen wollten: Sie begannen wieder mit Manik?re, liessen sich die Haare wachsen usw. (S. 8).
Lange diskutierten die TeilnehmerInnen ?ber die beiden gegen?bergestellten Bilder von S. 7. W?hrend das linke vier Frauen mit kurzen Haaren in Uniformen an der Front im Jahre 1942 zeigt, stellt das rechte Bild einen Ausschnitt von Fliegerinnen dar, die im Mai 1945 an der Siegesparade ?ber Deutschland teilnehmen. Carmen Scheide sieht in den Dauerwellen und R?cken der vier Frauen aus dem Siegesjahr der Sowjetunion die Best?tigung traditioneller Frauenbilder, die nach dem Krieg aus Soldatinnen wieder Frauen machte. Dabei ?bersieht sie die Gesamtsituation: Ausgehuniformen f?r Soldatinnen in der Sowjetarmee waren mit einem Rock versehen, und dass die Frauen sich zur Siegesparade schminkten, scheint angesichts des festlichen Anlasses doch verst?ndlich. Auch M?nner ?putzten? sich heraus. ?Der Krieg war aus, wir bekamen Khakikleider geschneidert?, heisst es dazu in einem von Carmen Scheide herangezogenen Zeugnis. Hier l?sst sich die Autorin nicht auf die Kriegsmangelwirtschaft ein, die nach dem Krieg die schmucken weiblichen Uniformteile erst vollends zur Verf?gung stellte. Im Krieg waren solche edlen Kleidungsgegenst?nde undenkbar. Die Frage bleibt aber offen, ob die Frauen der Siegesparade das Tragen von R?cken tats?chlich als Zur?ckdr?ngung auf die weibliche Rolle betrachteten. Und k?nnen beide Bilder einfach gegen?bergestellt werden? St?rker sollte die Autorin deshalb Bild- und Textquellen zusammenf?hren.
Die hier aufgelisteten kleineren kritischen Punkte sollen aber nicht davon ableiten, dass Carmen Scheides Text von den TeilnehmerInnen sehr positiv angenommen wurde. Die Autorin n?hert sich mit ihrer Analyse einem Desiderat ? bez?glich Fotoquellen und Frauenrollen - der methodischen und Russlandforschung an, auf dessen Resultat man sehr gespannt sein kann. Die hier zusammengefassten Kritikpunkte sollen dabei lediglich als Anregungen verstanden werden. Die TeilnehmerInnen des Kolloquiums wie die vier ProtokollantInnen der Diskussion w?nschen Frau Scheide weiterhin viel Erfolg bei der Durchf?hrung ihres Projekts.
Basel, im November 2006, |
Liebe Carmen,
ich danke Dir fuer den spannenden Beitrag und lade Dich mit diesem Aufsatz an dem Tscheljabinsker Sammelband ueber die visuelle Kultur Russlands im 19. und 20. Jahrhundert teilzunehmen. Ich bin sicher, dass es fuer das fuer?s Ende des Jahres 2007 geplante Buch ein grosser Gewinn waere.
Trotz der hohen Einschaetzung Deines Textes kann ich mich jedoch nicht auf zwei Ueberlegungen verzichten, die mir beim Lesen des Beitrags einfielen und die in Deiner weiteren Arbeit am Thema hoffentlich nuetzlich sein koennten. Erstens scheint es mir, dass Du die Fotos eher als Illustrationen zu den in voraus formulierten Thesen benutzst und die Botschaft dieser Quellen dadurch unterschaetzst. Dieser Mangel ist teilweise dadurch verursacht, dass Du die fotografischen Situationen, die konkreten Bedingungen der Entschtehung der einzelnen Fotos nicht kennst oder ausklammerst. Es ist offensichtlich, dass nicht alle von Dir vorgestellten Fotos aufgestellt oder mindestens nicht im gleichen Mass inszeniert sind. Schon das macht den realienkundigen Vergleich der in Fotos representierten Objekten problematisch. Auch die ikonografische Analyse der Fotos fehlt im Text, die zusaetzliche Informationen ueber die Genderaspekte der Fotoinszenierungen gewinnen koennte.
Zweitens sind aus Deiner Analyse die kontextuellen Faktoren ausgeklammert, die parallel zur und autonom von der offiziellen Gender-, Kultur- und Erinnerungspolitik wirkten und die Aenderungen in den Repraesentation der Frauen im Krieg auch hervorrufen konnten. Ich meine hier vor allem die Bekanntschaft mit den an die Frauen orientierten amerikanischen Konsumwaren, die seit der Mitte des Kriegs massenhaft in der Sowjetunion praesent waren sowie mit der europaeischen Frauenmode und ?kleidung nach dem Einmarsch der Roten Armee in Zentraleuropa. Auch die zeitgenossischen Repraesentation der Frauen im Krieg in sowjetischen Unterhaltungsfilmen, die Permanentfrisur, Frauenrock und Modellschuhe an der Front, soviel ich weiss, frueher propagandieren anfingen, als wir das auf den Frontfotos der Frauen sehen, soll nicht unterschaetzt werden.
Ich wuensche Dir viel Erfolg bei Deinem Projekt und hoffe, dass die Diskussion ueber Deinen Text einige Anregungen mitbringt.
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Sehr geehrte Frau Scheide,
Zuerst moechte ich, Ihnen an vorliegendes Text zu danken. Ich hoffe, Sie werden noch dieses interessantes Thema entwickeln. Ehrlich gesagt, ich bin kein Frau, kein Gender-Forscher und fuehle mich hier in Genderforschungsgebiet nicht aus.
Ich bitte meine Unwissenheit zu entschuldigen, habe ich leider nicht verstanden, was soll das Terminus ?mordende Mutter? bedeuten. Ist es moeglich, hier in den Text das Terminus zu erklaeren?
Ich habe zwei kleine Ungenauigkeiten in diesem Text bemerkt.
Die Gleichheit von Frauen mit Maennern in SowjetRussland wurde schon in den Dekreten von Dezember 1917 und auch in der Verfassung von 1918 (Art.3., Art.64.) festgeschriebt. Mit der Artikeln 122, 123, 137 aus der Verfassung von 1936 wurde diese Gleichheit nur bestaetigt und entwickelt.
Nach russischen Uebersetzung Ihrer Text, ?лётчицы ? являлись первыми награждёнными при Сталине Героями Советского Союза?. Es scheint mir nicht korrekt. Fliegerinnen waren eine der ersten ausgezeichneten Helden der Sowjetunion (im Jahre 1938), aber sie waren nicht die ersten, die ausgezeichnet worden waren. (Erste Leute, die als Helde der Sowjetunion ausgezeichnet waren, wurden sieben Flieger-Maenner im Jahre 1934.)
Motivieren Sie bitte, warum genau Kampffliegerinnen von Nachtbomberregiment 588. (spaeter umbenennte zu Gardenachtbomberregiment 46.) ausgesucht wurden. Nur diese Fliegerinnen erhielten von Wermachtangehoerigen das Bezeichnung ?Nachthexen?. Sie waren aber kein einziger rein weibliche Kampffliegerregiment. Zu gleicher Zeit wurden noch zwei rein weibliche Kampffliegerregiment aufgestellt (Jagdfluegzeugregiment 586., Regimentskommandeur Oberstleutnant Tatiana Kazarinowa, und Sturzkampfflugzeugregiment 587., spaeter umbenennte zu GardeSturzkampfflugzeugregiment 25., Regimentskommandeur Major Marina Raskowa). Ausserdem wurde von Walentina Grisodubowa schweres GardeBombenfliegergeschwader 31. aufgestellt. Der letztere war uebrigens gemischt maennlich und weiblich. Es waren ausserdem hunderte Frauen in der Flugabwer und in maennliche Fliegerregimente als Fallschirmpruefer u.s.w. ?U 2? (?Po 2?) Flugzeuge, mit denen ?Nachthexen? geflogen waren, hatten auch unter den Kampfflieger zunaechst keine Ansehen gehabt. Jagflugzeuge mit hohen Fluggeschwindigkeit und Flughoehe, sowie schwerere Bomber mit ihrer Flugweite und Tragfaehigkeit waren in den 1930er Jahren viel mehr populaer. Mit den ?U 2?Flugzeuge waerend der Krieg nicht nur Frauen, sondern auch Maenner geflogen waren. Und jedenfalls, Kampffliegerinnen waren sehr enge und kleine Teil der sowjetischen Frontteilnehmerinnen.
Also womit wird Ihrer Auswahl bedingt? Ob es Beruehmtheit unter den Wermachtangehoerigen, oder mehrere Quellenerhaltungs-(oder Zutritts-)grad, oder sinnbildliche Bezeichnung, oder Stabilitaet der Verbindungen unter den jemaligen Nachtbomberregimentangehoerigen, oder noch etwas?
Wenn es wichtig fuer Ihnen ist, gerade ?Nachthexen? zu untersuchen, so muessen Sie, meiner Meinung nach, zu beachten, auf welche Weise die von der Gegner herausgekommte Bezeichnung wurde entlehnt und manchmal sogar als witzige Selbstbezeichnung uebernommen. Wann wurde diese UEbernaehmung erfolgt ? waehrend der Krieg, durch der witzige Frontkameraden, oder nach der Krieg, durch der boese Frauen-Nonkombattanten in Hinterland?
Bei Ihrer Gender-Anstellung muss man jedoch nicht die Besonderheiten verschiedener Staende und Schichten der militaerische Subkultur hinwegsetzen. Zugehoerigkeit zum letzterem definierte jeweilige soziale Status, Wahrnehmung von anderer Waffengattungangehoerigen und Zivilisten, jeweilige Milieu. Z.B. Kampffliegerinnen waren nicht nur einfach Frauen (oder ?Weiben?), sondern - als Fliegerinnen und Offizieren -Kombattanten mit sehr hoehem sozialen Status in der Armee. Ausserdem, auch z.B., wie man unter den Flieger gemeint, Zugehoerigkeit zu irgendwelcher Waffengattung beeinflusst an den Angehoerigen auch einige psychologische Eigenschaften. Bomber (und Pzkw.)-Mannschaften sind sich ausgezeichnet durch mehrere Geschlossenheit, festige freundliche Kontakte, Jagdflieger ? durch mehrere Selbststaendigkeit, Streitsuechtigkeit usw.:)
Es ist nicht zu uebersehen auch Unterschied zwischen Kombattanten und Zivilisten. Meine Oma hatte 1945 als Funker-Obersergeant mit zwei Wunden und mehrere Kampfauszeichnungen aus Berlin heimgekehrt. Sie sagte, dass Umgang in der Nachkriegszeit mit Kameraden, Kombattanten-Maennen und Frauen gelingt ihr ganz leichter, als mit den Frauen-Nonkombattanten und Witwen in Hinterland.
Mir scheint, dass jemalige Armee-Angehoerigen mit dem allgemeinem Kriegserfahrung erhalten sich Loyalitaet zu seiner Mannschaft, Einheit, Verband mehr als zu seinem ?Gender?. Darum faehlt es Ihnen so schwer, in der Gesamtansicht der Kombattanten-Abbildungen eine besondere rein weibliche Gruppe ausgefunden. Auch deshalb eine hoehstpassende solche rein weibliche Gruppe entpuppt sich als Bestand der jemaliger Armee-Verband.
Wenn ich Ihnen richtig verstanden hatte, Sie wollen visuellen Quellen als wesentliche benutzen. Es scheint mir, dass offizielle Photos und Plakate nur die beschraenkte Moeglichkeiten als Quellen geben. Haben Sie vor, Methoden der Oral History zu benutzen? Haben Sie vor, als Nebengruppe, Frauen in der Zivil- und Sportluftfahrt in der Kriegs- und Nachkriegszeit zu beruehren? Einige Kampffliegerinnen hatten da noch viele Jahre nach der Kriegszeit geflogen.
Ausserdem zahlreiche populaere Spielfilms und Literatur aus der Nachkriegszeit, wie z.B., wenn es nur um Kampffliegerinnen geht, ?Небесный тихоход?, ?В небе ?ночные ведьмы??, ?В бой идут одни ?старики??, geben eine Grund, an Ihrem Absicht ueber den weitgehenden Ausschluss von Frauen aus Diskursen und aus einem kollektiven und kulturellen Gedaechtnis zu bezweifeln.
Es gab also erzaehlende an Frauen-Kombattanten Filmen und Buecher der Nachkriegszeit. Uebrigens Frauen-Kombattanten waren nicht so zahlreiche Gruppe wie Maenner-Kombattanten und bereits deshalb waren sie kein dominierte Figur im Vergleich zu Maennen im allgemeinem Anzahl der Filmen und Buecher. Wenn es neuformulieren, Geschlechtervorstellungen und Sehgewohnheiten nicht nur aufs Neue bestaetigt, sondern einfach reproduziert wurden.
Sie haben Ihre Meinung, dass Kriegsteilnehmerinnen in sowjetischen Geschichtsdarstellungen kamen fast nicht vor, auf das Chechnevas Awtoreferat (1968) begruendet. Ob es nach dieser Zeit einige Forschungen daran geschrieben worden waren? Aus der postsowjetische Forschungen darf ich noch eine Laktionowas Dissertation nennen. (Лактионова Л.Д. Женские авиационные части в Великой Отечественной войне 1941-1945 гг.(историческое исследование). Дисс. ?канд.ист.наук. Военный университет. Защищена 15 июня 2000 г.). Es gibt vielleicht noch andere.
Ich zweifele an der Berechtigkeit der von Beate Fieseler formulierte Meinung von dem Beginn der offiziellen Ignoranz gegenueber sowjetischen Teilnehmerinnen. Es wurde doch reichhaltige Erinnerungsliteratur von Frauen in der Nachkriegszeit veroeffentlicht. Es ist andere Sache, dass konfliktreiche sowie ?niedrige? Themen wie sexuelle, gesundheitliche, politische (Falle der Verratung oder Repression), Probleme der Alltagsleben und Koerper usw. ein Tabu blieben. Solche Problemen waren keinem Schwerpunkt in der Historiographie der Krieg im ganzen sowie auch in der Literatur der Maenner und von Maenner. Ich glaube, Frauen-Teilnehmerinnen wurden hier keine speziell verschweigende Gruppe.
Ich wuensche Ihnen erfolgreich Ihre Forschung fortsetzen.
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Liebe Carmen,
den vorliegenden Text sehe ich als ein Forschungsvorhaben, das sich noch bestimmt in eine ausgewogene Untersuchung entwickeln wird.
Mir scheint z.B. deine These, dass im Ersten Weltkrieg in Russland keine Bildtradition von Soldatinnen entstand, nicht ganz korrekt. Meiner Kenntnis nach, verbreitete die russische Propaganda noch vor der Februarrevolution einzelne Fotos, Zeichnungen und Texte, die den Einsatz von Frauen im Krieg den Kombattanten an der Front und der Oeffentlichkeit im Hinterland darstellten. Spaeter wurden die Abbildungen von so genannten weiblichen Bataillonen zum Lieblingsmotiv, die nicht nur in beiden Hauptstaedten, sondern auch in der Provinz gegruendet worden waren. Von besonderem Interesse ist die Visualisierung dieser Regimenten ? Abbildungen von dem Fahneneid, Paraden, Schiessuebungen usw. Bemerkenswert ist eine Kontrastdarstellung von einer Soldatin in der Uniform und einer Zivilistin im festlichen Kleid mit dem Schirm. Im Zentrum der Visualisierung stand die Gruenderin des ersten Regiments ? Maria Botschkareva, die sich selbst ?Jaschka? nannte.
Ich wurde auch gern wissen, ob M.Chechneva in ihrer Dissertation irgendwelche Abbildungen benutzt haette?
Ich bin auf die weitere Evolution deines Projektes sehr gespannt und wuensche dir viel Erfolg,
Oxana Nagornaja
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