Search | Write us | FAQ
RU | no-pyccku International internet-seminar about russian and east-european history
Welcome! About the project Coordinators of the project Current project Publications Links Archive Feedback
SUSU South Ural State University
UNI BASELUNI
BASEL
Chelyabinsk State University Chelyabinsk State University

Archive

Zarische Verwaltung

14.02.2006, 13:35

Joern Happel (Basel)

?Alles in russischer Eintracht??
Die zarische Verwaltung in Kazan? und der tatarische Einfluss in Zentralasien

Der Aufstand von Andizan im Jahre 1898 (1) hatte der russischen Kolonialherrschaft in Zentralasien gezeigt, dass das bisherige Prinzip der Nichteinmischung keine Fruechte trug und das riesige seit 1864 eroberte Gebiet mit Dutzenden fremden, meist nomadischen Voelkerschaften so leicht nicht zu beherrschen war. Die Beamten des Zaren hatten lange Zeit in die internen Angelegenheiten der zentralasiatischen Bevoelkerung nicht eingreifen wollen, vor allem auch nicht in deren Glaubens- und Bildungsfragen. Das Zarenreich beschraenkte sich auf eine weitgehend indirekte Herrschaft, wenngleich es als Kolonialmacht westlicher Auspraegung auftreten wollte. Besonders in der Kultur- und Schulpolitik mussten die Beamten des Zaren jedoch nach der Niederschlagung der Andizan-Revolte umdenken. Die halboffizielle Zeitung ?Turkestanskye vedomosti? (2) schrieb kurz danach: ?Wir sprechen ueber unsere zivilisatorische Mission in Zentralasien, aber in der Realitaet glaenzt unser kultureller Einfluss durch Abwesenheit.? (3) Dabei hatten einige Jahre zuvor Maenner wie der russische Schriftsteller Fjodor Michajlovic Dostoevskij (1821-1881) triumphiert: ?In Europa waren wir nur Gnadenbrotesser und Sklaven, nach Asien aber kommen wir als Herren. In Europa waren wir Tataren, in Asien aber sind auch wir Europaeer.? (4)
Als Tataren wollten die russischen Kreise um Dostoevskij nicht angesehen werden, denn sie fuehlten sich als Europaeer. Der Tatare blieb im russischen Selbstverstaendnis ein Orientale (5), mit dem man jedoch seit 1552 zusammenlebte und mitunter auch kooperierte. Dennoch misstraute die russische Buerokratie ihren tatarischen Untertanen. Dabei waren die russlaendischen Eroberer in Zentralasien ? letztlich dort, wo nach Dostoevskij der Russe als Europaeer auftreten wollte ? lange Zeit auf die Kazan'-Tataren (6) angewiesen, spielten diese doch beim Vormarsch in die Steppenregionen auf russischer Seite eine wesentliche Rolle. (7) Trotzdem hielt sich das Misstrauen den muslimischen Tataren gegenueber. So beobachteten nicht nur Angehoerige der tatarischen Intelligenzija von Kazan? aus aufmerksam die Ereignisse im russischen Zentralasien. (8) Auch die russische Verwaltung hatte sowohl auf die Vorgaenge am Rande des Imperiums ein Auge geworfen als auch auf die in der Wolgametropole lebenden und lehrenden Tataren. Besonders interessierte es die Beamten, ob die Tataren in der turkestanischen Kolonie missionierten. (9) Ferner wollte man wissen, ob pantuerkische oder panislamische Kreise in Zentralasien und in Kazan? selbst zur Konfrontation gegen Russland aufriefen. Schwer einzuschaetzen war die Situation in Turkestan fuer die Russen auch ohne die Einmischung der Kazan?-Tataren. Wuerde es durch deren Einfluss in der Kolonie gar noch unuebersichtlicher werden? So standen die Tataren bei jeder kleineren Unruhe sofort unter Generalverdacht. Dies wird bei der Lektuere einiger Kazaner Konferenzprotokolle deutlich, von denen im vorliegenden Artikel besonders zwei ? vom September 1905 und vom April 1908 ? untersucht werden.
Schwierige Zeiten lagen vor der Peripherie aber besonders vor dem Zentrum Petersburg, wo 1905 gerade die Niederlage im Krieg gegen Japan eingestanden und eine Revolution ueberstanden wurde. Schwierig wog fuer das Zarenreich die Konsolidierung der Macht nach der blutig niedergeschlagenen Revolution. Schliesslich sollte am 17. Oktober 1905 ein Manifest des Zaren eine Verfassung, eine gesetzgebende Versammlung und buergerliche Freiheiten ankuendigen. Eine knappe Periode des gesellschaftlichen Aufbruchs lag vor Russlands Nationalitaeten. Besonders die Tataren wussten davon zu profitieren. (10) Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum ausgerechnet in diese Zeit hinein die hier in Augenschein genommenen Konferenzen fielen. Und da sich die Unruhen einzelner nationaler Gruppen mehrten, machte man sich auch ueber die Glaubensangelegenheiten der Muslime im Land ? zumal die Revolte von Andizan noch nicht lange zuruecklag ? Gedanken. Dabei mag es nicht verwundern, dass die Beratungen in der Stadt am Zusammenfluss von Kazanka und Wolga stattfanden, denn gerade dieser Ort uebte fuer Muslime seit ehedem eine grosse Anziehungskraft aus. (11)
Wenden wir also den Blick in das Kazan? des Jahres 1905, wo ein Umdenken in der Zentralasienpolitik des Zarenreiches gegenueber den Muslimen diskutiert wurde. In der Akte ueber die Ergebnisse der besonderen Konferenz in Glaubensangelegenheiten stellte der Protokollfuehrer, zugleich auch ein Konferenzmitglied, Vl. Cerevanskij fest:
?Schliesslich gelangt man zu der Ueberzeugung, dass das Verstaendnis (znanie) der russischen Sprache nur der geistigen (umstvennij) und materiellen Bereicherung der muslimischen Nation dienen kann; (?).?(12)
Hier wurde es angesprochen, das Hauptproblem russischer Herrschaft ueber nichtrussische Voelker: Die Sprachbarriere bestand schon seit der Eroberung Zentralasiens und sollte sich bis zum Untergang der Zarenherrschaft auch nicht mehr beheben lassen. (13) Wie dringend aber die Loesung des gegenseitigen Nichtverstehens angesehen wurde, laesst sich einige Seiten weiter lesen. Die geistige Bereicherung der zumeist als inorodcy (14) bezeichneten zentralasiatischen Fremdvoelker war dringend vonnoeten, denn gar liederliche Zustaende in der peripheren Kolonie werden von der Konferenz notiert:
?Das Berauschen mit Haschisch, fuer das das russische Volk kein Verstaendnis hat, fuehrt zu schwereren zerstoerenden Folgen fuer den menschlichen Organismus als durch den Alkohol, unterdessen breitet es sich dank des Schmuggels von Opium in ganz Zentralasien aus.? (15)
Der Einfluss der Drogen musste bekaempft werden, um die Zentralasiaten zu zivilisierten Reichsbuergern machen zu koennen. Im gleichen Sinne galt es, Haschisch und Opium vom russischen Volk fern zu halten. Die asiatische Kolonie konnte nur durch deren starke Anbindung an das europaeische Russland gesunden. Dass dies moeglich sei, glaubte man in Kazan? durch das friedliche Miteinander der Russen mit Tataren und finno-ugrischen Voelkerschaften sehen zu koennen, wenngleich gerade dort seit dem Jahr 1866 viele getaufte Tataren ? selbst Cuvaschen und Udmurten ? zum Islam uebertraten. (16) Bei den Tataren und den finno-ugrischen, meist animistischen Voelkerschaften der mittleren Wolgaregion hatte die Kazaner Verwaltung ebenso wie die Regierung in Petersburg an die Christianisierung und der damit einhergehenden Zivilisierung bzw. Russifizierung der Voelker geglaubt, doch seit laengerer Zeit existierten viele als christianisiert geltende inorodcy lediglich als Karteileichen in den Archiven des Synods. (17) Die Probleme traten deshalb besonders in dieser Region des riesigen Reiches zu Tage. Von einer russisch-orthodoxen Mission in Zentralasien war im Gegenteil ganz und gar nicht zu sprechen. Eine Zivilisierung und Russifizierung konnte bei den vorwiegend als Nomaden lebenden inorodcy allenfalls durch eine russische Bildungspolitik erfolgen. Die Kazaner Konferenz war sich somit darin einig, dass es schwer sein werde, die Muslime Zentralasiens an das Reich zu binden, zumal kulturelle und sprachliche Barrieren unueberwindbar schienen:
?Nur das Aufdraengen eines starken Gesetzes zur muslimischen Glaubenslehre in russischer Schrift erhoeht nicht im Geringsten ihre Liebe zu Russland und auch erhoeht sich nicht der Umfang ihres Wissensschatzes (umstvennyj bagaz). Die russische Sprache (?) steht vor der Glaubenslehre des Islams in diesem Sinne wie ein Schlagbaum, den sie nicht zu heben vermag.? (18)
Doch der Aufstand von Andizan hatte zumindest in Zentralasien gezeigt, dass ein Schmusekurs gegenueber den Muslimen der falsche Weg zu sein schien. Cerevanskij bemaengelte nicht zu unrecht, dass ?die Russische Regierung in Zentralasien niemals eine kleine Einmischung in den Bereich des muslimischen Glaubens hatte und diese auch niemals haben werde.? (19) So stellte die Konferenz fest, dass im Generalgouvernement Turkestan das Nichteinmischungsprinzip in die religioesen Angelegenheiten der Bevoelkerung missverstaendlich und falsch sei. (20) Vielmehr muesse der Generalgouverneur
?zu der Frage ueber die Absonderung des kirgiz-kajsakischen Volkes (gemeint sind die Kasachen (21)) von der allgemeinen Zusammensetzung der russischen Muslime uebergehen, um in den Glaubensangelegenheiten die Unterwerfung dieser unter eine besondere Kreisverwaltung zu erlangen.? (22)
Die Schwachstellen russischer Verwaltungstraditionen in Zentralasien hatte die Konferenz erkannt. Diese lagen im Prinzip des laissez fair. Auf der anderen Seite konnte man besonders den tatarischen Einfluss allenthalben verzeichnen, waren doch die Tataren selbst gemeint, wenn man von einer Abloesung der Kasachen von den Russlandmuslimen sprach. (23) Dies laesst aufhorchen. Eine Konferenz in Kazan? forderte die Unterbrechung der Kontakte zwischen den nomadischen Kasachen und den Tataren. Offensichtlich war man in der Wolgastadt nicht mehr darueber informiert, wohin die tatarischen Untertanen mit welchen Absichten gingen und welche Auswirkungen dies zum einen fuer den Frieden in der turkestanischen Kolonie, aber auch zum anderen fuer die ruhigen Verhaeltnisse an der mittleren Wolga haben koennte. Missionierten die Tataren tatsaechlich in Zentralasien? Stimmten die Berichte ueber eine fortschreitende Islamisierung der Nomaden?
In der nachfolgenden Diskussion ueber diese Fragen ging die Konferenz jedoch vielmehr davon aus, dass die Kasachen noch nicht in ganzem Umfang islamisch missioniert waren. Deshalb mussten die Nomaden fuer das Zarenreich gewonnen werden. Protokollant Cerevanskij betonte:
?Die Kirgisen [Kasachen], denen man Gerechtigkeit widerfahren lassen muss, schaetzen (?) das Prinzip der Unterstellung unter die Regierung im Land des Zaren und die Achtung vor der Vertretung seiner Macht und die Erlasse seiner Gesetzte. Ihre Hauptabschweifung von den Lehren des Islams (doktrin musul?manstva) besteht darin, dass ihre Frauen nicht vor fremden Menschen ihr Gesicht verhuellen, dass sie nicht die europaeische Wissenschaft meiden (?).? (24)
Hier konnten die zarischen Beamten ansetzen und ihre Vorstellungen von Zivilisation womoeglich durchsetzen. Vielleicht zu idealistisch naeherten sich die Konferenzteilnehmer der Situation in der fernen Peripherie, stak doch die russische Bildungspolitik in der Kasachensteppe in den Kinderschuhen. Erst ab 1907 gab es wichtige Impulse, denkt man an die Einfuehrung so genannter Aul-Schulen, jedoch blieb es bei einigen wenigen Prestigeobjekten: Die Bildungspolitik unter den Nomaden scheiterte vollends. (25)
Bleiben wir in den Jahren um 1905, ist festzustellen, dass die zarischen Beamten in Turkestan vielfach das fuer sie rueckstaendige muslimische Schulsystem kritisiert hatten. Mit Sicherheit haetten sich die Kolonialherren aber bei ihren Versuchen, die Muslime mittels ihrer Bildungspolitik auf die russische Seite zu ziehen, zunutze machen koennen, dass die Pflicht eines jeden glaeubigen Muslims unter anderem darin besteht, Wissen zu suchen. Selbst die Verfasser der dreibaendigen Aziatskaja Rossija, die von der den inorodcy keineswegs wohlgesonnen Umsiedlungsbehoerde 1914 herausgegebenen wurde, hatten erkannt: ?Jeder Muslime muss im Verlauf seines Lebens lernen, weil Allah das Lernen befohlen hat.? (26) Traditionell lernten die Schueler in den Mekteben (27) Koranpassagen auswendig, ohne sie in ihrem Inhalt zu verstehen, was aber auch nicht vorgesehen war. (28) Der russische Anspruch einer zivilisatorischen Hoeherwertigkeit aeusserte sich diesbezueglich aber lediglich in Polemik. So schrieb beispielsweise die Zeitung Samarkand (Nr. 113) im Jahre 1904: ?Mengen von Schuelern werden unterrichtet, aber nirgendwo sind gebildete Menschen.? (29)
Zwar stand das Schulwesen formal allen Staatsbuergern offen, aber im Vergleich zu der russlaendischen Mehrheit waren die einheimischen Kinder in den Schulen Zentralasiens eine verschwindend geringe Minderheit. Obwohl die russische Verwaltung besonders in den Jahren 1909 bis 1916 in der Kolonie zahlreiche neue Schulen errichten liess, standen diese nur den Kindern russlaendischer Siedler offen, wie die offiziellen Statistiken belegen. (30) In Turkestan gab es im Jahre 1916 bei einer Gesamtbevoelkerung von etwa sieben Millionen Einwohnern rund 600.000 Kinder im schulfaehigen Alter. Nur 6.500 von ihnen genossen jedoch in den von Russen unterhaltenen Schulen die zarische Bildung. So mag es nicht verwundern, dass im Jahre 1917 lediglich zwei Prozent der Usbeken lesen und schreiben konnten. (31) Ein halbes Jahrhundert lang hatte die zarische Verwaltung von einer mission civilisatrice in Zentralasien gesprochen, aber ihre Auswirkungen auf das dafuer so bedeutende Schulsystem waren marginal geblieben.
Nehmen wir die Sicht auf die Kolonie aus dem Blickwinkel Kazan? wieder auf, interessiert ein Protokoll vom 18. April 1908, als an der Verwaltung des Kazaner Bildungsbezirkes eine ?Konferenz ueber die Fragen der Bildung der oestlichen inorodcy? abgehalten wurde. Die Teilnehmer beklagten die Entwicklung in Turkestan sehr und hielten ein Scheitern der russischen Kolonialherrschaft am Rande des Imperiums vor allem fuer selbstverschuldet. In beinahe allen Bereichen der Kolonialverwaltung in Zentralasien ? besonders in den unteren Abteilungen ? waren naemlich mangelnde Sprachkenntnisse Grund fuer fehlendes Verstaendnis und ungenuegende Ueberwachung. Der Zustand eines kontrollierten Dolmetscherwesens war schlichtweg katastrophal. Was die Beamten des Zaren nicht verstanden, liessen sie unbeantwortet, reduzierten es auf Rueckstaendigkeit oder verliessen sich auf alte Geruechte. Ueber Jahre hinaus blieb einzig die Hoffnung, dass Universitaetsabsolventen aus Kazan? mit Sprachkenntnissen in den Verwaltungsdienst kommen wuerden. Die Konferenz machte deutlich:
?Ausserdem kann man hoffen, dass auch die philologische Fakultaet der Kazaner Kaiserlichen Universitaet, die ueber einen Lehrstuhl tuerkischer und finnischer Sprachen verfuegt, der Regierung durch das Ausbilden (vypuskom ? Entlassen) von Studenten zur Hilfe kommt, die mehr oder weniger ueber die tuerkischen oder finnischen Sprachen verfuegen. In jedem Bereich ist ein Mangel an diesen Menschen, was man in den Bezirken lebhaft spuert.?(32)
Es blieb aber offensichtlich nur die Hoffnung. In der Kolonie gaerte es schon lange. Nicht ohne Grund hatte Zar Nikolaj II. den Deutschbalten Senator Konstantin Graf von der Pahlen (33) 1908/9 nach Turkestan zur Revision geschickt. Dessen Ergebnisse waren schockierend ? die Kolonie und besonders die dortige zarische Verwaltung war in bedenklichem Zustand: Korruption, Willkuer und Alkoholismus herrschten vor. (34) Pahlen sah unabhaengig von den Ergebnissen der Konferenz in Kazan? ein grosses Problem in der mangelnden Ausbildung nicht nur der Untertanen, sondern vor allem der russischen Kolonialverwaltungen. Der Senator bemerkte, dass in der Kolonie der Unmut gegen die Herrscher wachse. Entschlossen zeigte er sich, die gegen das Zarenreich gerichteten muslimischen Kraefte energisch zu bekaempfen, und klagte: ?Die Verwaltung und die Verantwortlichen fuer die Bildung sind nicht von den reformistischen Tendenzen in den muslimischen Schulen in Kenntnis gesetzt worden.?(35) Pahlen erkannte die Fehler in den eigenen Reihen, wenn er weiter ausfuehrte, dass der ?Keim muslimischer Vereinigungstendenzen? lange wahrnehmbar gewesen sei und diese Gefahr daher komme, dass die russische Verwaltung die Kontrolle ueber muslimische Textbuecher fuer die Schulen nie innegehabt habe. Er stellte fest, dass sich die muslimische Kolonie in einer Umbruchsphase befand. Abgesandte des osmanischen Sultans waren bei den Nomaden Zentralasiens aktiv und verbreiteten pantuerkische Thesen.(36) Pahlen fuerchtete: ?(?) sie werden starke, von der (dzadidistischen (37)) Idee beseelte Kaempfer schaffen.?(38) Auch von eingefuehrten Lehrbuechern aus Kairo und Istanbul erfuhr die russische Zensur nichts. (39)
Die Aufzeichnungen des Senators werden aus anderer Quelle bestaetigt. Am 2. September 1909 schrieb der Kazaner Gouverneur an den Zaren, Minister Senator Makarov habe ihn am 5. Maerz 1909 darueber in Kenntnis gesetzt, dass unter den muslimischen Einwohnern des Imperiums seit eineinhalb Jahren ?eine besondere Klasse von Schuelern entstanden ist, die unter dem Namen der Mugallimov (40) bekannt geworden sind. Sie haben in der Mehrzahl ihre Ausbildung im Ausland erhalten.? (41) Um nun herauszufinden, ob diese ?schaedlich fuer die staatliche Ordnung? seien, bat der Gouverneur dringend um weitere Informationen. (42)
Wiederum ist ein grosses Interesse der Wolgastadt Kazan? an Zentralasien hier fest zu machen. Und erneut spricht aus den Dokumenten die Angst ueber muslimische und somit besonders tatarische Vereinigungstendenzen gegen die Zarenmacht. Wurde ein Aufbegehren der Muslime in Russland befuerchtet, von dem nicht nur die Kolonie, sondern auch die mittlere Wolgagegend erschuettert werden koennte? Die These laesst sich durch Archivaufzeichnungen decken und zwar anhand der Konferenz von 1908. Die innerethnischen Differenzen der zentralasiatischen Voelker und die Auseinandersetzung dieser mit den Wolgatataren war allgemein bekannt und so kamen die Teilnehmer im Bildungssektor zu weitreichenden Empfehlungen. Vermerkt wurde zunaechst, dass die Muslime Zentralasiens keine einheitliche politisch-homogene Masse seien. So mag es nicht verwundern, dass ein russischer Beobachter im Jahre 1908 Spannungen zwischen Tataren und Kasachen feststellte:
In den russisch-einheimischen Schulen ?ist alles in russischer Eintracht. Man zelebriert alle russischen Feiertage. Auch aus den Reihen der mohammedanischen Kirgisen [Kasachen] begehen diese nur das Kurban-Bajram und das Fasten des Ramadan; letzteres feiern nicht alle kirgisischen Schueler, sondern nur die aeltesten. Es gibt ueberhaupt keinen religioesen Fanatismus; die Kirgisen und die Russen leben in Freundschaft, waehrend sich auf der anderen Seite zwischen Tataren und Kirgisen ein Antagonismus aufgrund veraechtlicher Einstellung der Ersteren gegenueber den Zweiten bemerkbar macht.?(43)
Erinnerungen an die Konferenz von 1905 werden wach. Damals schon hatte man gefordert, den Kasachen gegenueber Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sie nicht zusammen mit anderen in den Topf befuerchteter muslimischer antirussischer Einstellungen zu werfen. Dass aber ein Umfallen des kasachischen Volkes durch eine tatarische Missionspolitik durchaus als Moeglichkeit angesehen wurde, spricht aus folgenden Zeilen, wenn naemlich gefordert wird, russische Buecher kostenguenstiger zu verteilen, um die tatarischen beiseite zu schieben:
?Man muss erreichen, dass ein russisch-einheimisches Buch oder eine Zeitung billiger wird, dass es sich in den Ansiedlungen der einheimischen Bevoelkerung verbreitet und dort die muslimisch-tatarischen Buecher und Zeitungen verdraengt; fuer dieses Resultat benoetigt man auch Staatsmittel.?(44)
Russischsprachige Lehrmittel sollten Eingang in die einheimischen Schulen und Haushalte finden, um die befuerchtete muslimisch-tatarische Mission ? besonders nach den schlimmen Erfahrungen in Bezug auf die Andizan-Revolte ? und die Agitation gegen das Zarenreich einzudaemmen. Hier zeigt sich besonders, dass man in Kazan? tatarische Buecher als gefaehrlich einstufte, was vermuten laesst, dass die russische Verwaltung den Kazan?-Tataren gaenzlich misstraute. Warum sonst forderte die Konferenz angesichts einer chronisch klammen Kasse des Zarenreiches ausgerechnet fuer diese Massnahmen den Einsatz von Staatsmitteln?
An dieser Stelle bleibt aber festzuhalten, dass die russische Kolonialmacht im Verlagswesen den schnell erscheinenden Nachrichten, Buechern und Zeitschriften mit pantuerkischen Tendenzen hilflos gegenueber stand. (45) Die Pressezensur in Zentralasien scheiterte erstens an der mangelnden Kontrolle und zweitens an dem Mangel an Sprachkenntnissen der zarischen Beamten, welche die muslimische Propaganda nicht lesen und somit auch nicht verfolgen konnten. Wie in Kazan? erkannt wurde, uebten erneut die Tataren massgeblichen Einfluss auf die muslimischen Veroeffentlichungen in Zentralasien aus. Sie hatten das Pressewesen dort nicht nur aufgebaut, sondern kontrollierten es auch. Vor allem halfen die zahlreichen Druckerzeugnisse ? unterstuetzt durch tatarische Mullahs und Kaufleute ? die Konsolidierung des Islams bei Kasachen und Kirgisen voranzutreiben.(46) Um dieser fuer den Staat als Gefahr eingeschaetzten Situation entgegenzuwirken, sollten russische Publikationen mit groesserem Aufwand verbreitet werden. Es galt, das tatarische UEbergewicht unverzueglich zurueckzudraengen. So griff die russische Verwaltung hart gegen die ihr fuer die Reichseinheit gefaehrlich erscheinenden Zeitungen durch. Von neun der bis zum Jahre 1917 herausgegebenen Zeitungen in Zentralasien hatten aufgrund antirussischer Tendenzen in den Artikeln fuenf zu schliessen. Bei dem Vorgehen gegen die ungeliebten Presseorgane folgten die Beamten des Zaren ihrer Losung, dass man gegen den Panislamismus sei. Dies stiess bei den Konferenzteilnehmern in Kazan? auf Zustimmung.(47)
Wie ging es in der Kolonie selbst weiter? Dort verwarf die russische Kolonialverwaltung endgueltig die Politik der Nichteinmischung. Besonders der seit 1909 amtierende Generalgouverneur Aleksandr Samsonov (1909-1914) hatte sich dem Kampf gegen muslimische Vereinigungstendenzen angenommen. Doch bestand das Problem nun darin, dass man unfaehig war, gegen die pantuerkischen und panislamischen Tendenzen vorzugehen: Wo lauerte die Gefahr, wo waren die radikalen Muslime? Samsonov wandte sich deshalb direkt an den Kaiserlichen Botschafter Russlands in Konstantinopel. Im Antwortschreiben vom 29. September 1910 berichtete der Diplomat, dass in Konstantinopel etwa 100 Studenten aus Zentralasien in den ?gaengigen Thesen des Panislamismus und des tuerkischen Chauvinismus? unterrichtet wuerden. (48) Ferner warnte er:
?Die Botschaft hat auch einige Informationen darueber, dass Agenten mit dem uns schon bekannten Ziel nach Buchara ausgesandt wurden, um eine panislamistische Propaganda zu betreiben.?(49)
Diese Propaganda hatte primaer die Absicht, neue, junge Mitglieder zu werben, also an den Schulen gegen die russischen Herren zu missionieren. Ziel der pantuerkischen Bewegung war es vorerst, in der Sprach- und Schulpolitik auf eine Gemeinsprache hinzuwirken.(50)
Samsonov liess eine Kommission einberufen, die fuer das Jahr 1912 weitreichende AEnderungen im muslimischen Schulsystem fuer Turkestan einfuehrte, um den aus Konstantinopel kommenden Befuerchtungen entgegen zu steuern. In den Mekteben galt nun, dass die Lehrer, falls sie nicht Russen waren, der gleichen Nationalitaet wie die Schueler angehoeren sollten. Mit diesem Passus verstanden es die zarischen Buerokraten, den grossen Einfluss der Tataren auf die einheimischen Kinder zu stoeren.(51) Die Verwaltung erreichte durch diese Neuerungen auch die Entmachtung einheimischer Eliten in den Schulen und hatte jetzt direkten Zugriff auf die Lerninhalte. Einige russische Orientalisten kritisierten jedoch, dass die Inspektoren muslimischer Bildungseinrichtungen aufgrund ihres geringen Kenntnisstandes keine Kontrollen durchfuehren koennten. Es fehlte wiederum an Sprachkenntnissen. Tatarische Paedagogen hatten oft genug die nachlaessigen und uninteressierten russischen Kontrolleure ueber den wahren Inhalt des Unterrichts hinwegtaeuschen koennen.(52)
Auch hier laesst sich eine Verbindung nach Kazan? finden. Denn in einem Schreiben vom 21. April 1910 hatte von dort aus der Orientalist N.A. Bobrovnikov dem Zaren persoenlich gemeldet, dass in Schulzeitungen pantuerkische Ideen geaeussert wuerden und man bedenklicherweise von einer ?musul?manischen Nation? spreche.(53) Drei Jahre spaeter bestand Bobrovnikov nachhaltig auf eine Schulung der Inspektoren muslimischer Bildungseinrichtungen in Zentralasien durch anerkannte Orientalisten. Doch zu den notwendigen Schulungen der Kontrolleure kam es nicht. Deshalb blieb die tatsaechliche russische Einmischung in die muslimische Schulpolitik weiterhin beschraenkt.(54)
Auch in die Kazaner Universitaetsgremien hielt die Forderung nach einer starken Orientalistik, die zukuenftige Staatsdiener in den Tuerksprachen ausbilden sollte, Einzug. Der bekannte Sprachwissenschaftler Bogorodickij (1857-1914) wandte sich am 4. Maerz 1913 an die historisch-philologische Fakultaet, sie moege doch den Universitaetsrat draengen, vor dem Bildungsministerium auf die Anstellung von Dozenten fuer finno-ugrische und tuerk-tatarische Sprachen zu bestehen.(55)
Bemerkenswert ist aber auch, dass die turkestanische Verwaltung in Taschkent in einem Brief an die Universitaet Kazan? vom 24. Mai 1917 ? also kurze Zeit nach der Niederschlagung des zentralasiatischen Aufstandes von 1916 (56) ? die Sprachausbildung in ?oestlichen? Sprachen vehement einforderte, da eine einzige Lehreinrichtung fuer diese Sprachen im Reich (St. Petersburg) viel zu wenig sei:
?Deshalb gibt Russland nur die Erhoehung der Spezialisten (kadrov specialistov), der gelehrten Historiker ueber den muslimischen Osten die Moeglichkeit, seine kulturelle Mission in der Bildung des Ostens im allgemeinen und in Turkestan im besonderen zu erfuellen. (?)? Das Wissen der Sprache und der Geschichte sei besonders fuer diejenigen eine Notwendigkeit, ?die ihren Dienst in Turkestan und im Kaukasus versehen. (?) Die Schueler Turkestans (?) richten sich einstimmig an Sie, den Rat der Professoren, (?) mit der Bitte, an der historisch-philologischen Fakultaet Ihrer Universitaet mit dem kommenden Studienjahr einen Lehrstuhl fuer Geschichte des muslimischen Ostens einzurichten und hierfuer einen studentischen Konkurs durchzufuehren.?(57)
Das Gesuch hatte Erfolg ? zumindest begannen die Universitaetsgremien darueber zu beraten. Vor allem aber zeigt der Brief aus Taschkent, dass in der Kolonie ein Umdenken vonstatten ging. Ab dem Sommer 1916 hatte dort ein blutiger Aufstand mit ueber 100.000 Todesopfern gewuetet.(58) Als Revoltengruende hatte man besonders das fehlende Verstaendnis der russischen Buerokratie fuer die Nomaden ausgemacht. Ferner gab es in den Verwaltungen vor Ort zu wenig Spezialisten, die die einheimischen Sprachen verstehen konnten. Der Hauptmann der Kaiserlichen Gendarmerie, Jungmeister, notierte, dass die Hauptgruende in den interethnischen Auseinandersetzungen zu suchen seien.(59) Zudem glaubte er, dass die Inkompetenz und Korruption in der russischen Verwaltung zum Aufstand gefuehrt habe. Bereits in den Jahren 1905 und 1908 hatten Kazaner Konferenzen die bessere Ausbildung der eigenen Kolonialbeamten ebenso wie die gerechte Behandlung der kasachischen Nomaden gefordert, doch geschehen war nichts. Senator Pahlen kam zu aehnlichen Ergebnissen, doch auch hierauf wurde nicht reagiert.(60) So konnte nicht nur in den Mekteben und Medresen (61) ? hier fehlten die geeigneten Kontrolleure ? der antirussische Naehrboden wachsen, der die jungen Studenten gegen die Kolonialmacht aufhetzte und deren Feindschaft zu Russland naehrte. Es verwundert schliesslich nicht, dass viele Aufstaendische von 1916 zuvor in den Medresen Zentralasiens studiert hatten und dort womoeglich mit antirussischer Propaganda indoktriniert worden waren.
Doch wie sollte die russische Regierung in der Kolonie mit ihnen feindlich gesinnten Kraeften umgehen? Zumindest versuchte sie nach 1905, die Bindungen der pantuerkischen und panislamischen Stroemungen Zentralasiens zu den Glaubensbruedern aus dem Osmanischen Reich, die in der russischen Kolonie aktiv waren (62), zu unterbinden. Die zustaendigen Beamten fanden dafuer aber nur eine Moeglichkeit: Fuer sie zaehlte jetzt, Staerke und Autoritaet zu zeigen. Separatisten oder separatistisch erscheinende Reformkraefte mussten mit aller Kraft und wenn noetig mit Gewalt zurueckgedraengt werden. An der Spitze dieser politischen Richtung, die auf den Dialog zwischen den Kulturen bewusst verzichtete, stand Ministerpraesident Stolypin. Er wies in einem geheimen Schreiben vom 7. Oktober 1910 die Gouverneure der von Muslimen bewohnten Provinzen an, jede aeussere Einflussnahme auf die muslimischen Untertanen Russlands im Keim zu ersticken und fuer ?die fuer die Einheit unseres Staates gefaehrlichen Propagandisten (?) unverzueglich entschiedene Massnahmen fuer ihre Ausweisung aus dem Reich zu treffen.? (63)
Die Kolonie war ein Pulverfass. Ein kleiner Funke reichte schliesslich aus, weite Teile der muslimischen Intelligencija Zentralasiens im Jahre 1916 endgueltig gegen das Zarenreich auftreten zu lassen. Aus kleineren Unruhen erwuchs ein weit um sich greifender Aufstand, der letztlich durch die bewaffnete Revolte der kasachischen und kirgisischen Nomaden die gesamte turkestanische Kolonie in einen Kriegszustand versetzte. Die Zarenherrschaft war damit am Rande des Imperiums gescheitert.
Die Massnahmen, ueber die Politiker und Gelehrte in Kazan? in den Jahren 1905 bis 1913 diskutierten und die hier exemplarisch aufgezeigt wurden, blieben Gedankenspiele, obwohl sie bei einer Umsetzung dem russischen Reich vielleicht mehr Stabilitaet haetten geben koennen. Sie zeigen aber, dass die oertliche Verwaltung in Kazan? den Tataren misstraute. Seit 1552 herrschten die Russen ueber das Turkvolk und in der offiziellen Propaganda war man zusammengewachsen, zumal die tatarische Oberschicht damals auch in den russlaendischen Adel aufgenommen worden war. Nach der Jahrhundertwende zerbrach die Verbindung zwischen Russen und Tataren jedoch endgueltig. Liegen etwa schon in den hier angesprochenen Differenzen Antriebe fuer die heutige Nationalisierung der Tataren? Begruendete das Misstrauen russischer Verwaltungsbeamter aufgrund der Missionspolitik und der direkten Einflussnahme der Tataren in Zentralasien etwa einen tatarischen Sonderweg?
Die Kritik an der russischen Geschichtsdeutung um die Jahrhundertwende und das Betonen, in Russland gebe es ein russisches Volk und eben nicht eine multinationale Bevoelkerung etwa durch den Historiker Kljucevskij sorgt noch heute bei den Tataren fuer Unmut. Im Vorwort zum ersten Teil der siebenbaendigen Geschichte der Tataren merkt Rafaėl? Chakimov aus diesem Grunde lakonisch an: ?(?) fuer Kljucevski (?) war der Staat ein russischer und das Volk ein russisches. Fuer die Tataren und ihre Staatlichkeit reichte der Platz nicht aus.?(64)
Betrachtet man gegenwaertige tatarische Veroeffentlichungen, die das Erbe der Tataren in der Fortsetzung der wolgabulgarischen Geschichte sehen und eben nicht in der russisch-tatarischen gemeinsamen Vergangenheit, koennen meines Erachtens Verbindungen zwischen dem endgueltigen Bruch des gemeinsamen Weges von Russen und Tataren, den ich um die Jahrhundertwende ausmache, gestuetzt werden. Wie selbstverstaendlich heisst es:
?(?) ist die Bewahrung des wolgabulgarischen Erbes eine fundamentale politische Verpflichtung des Staates der Tataren und dies gewaehrleistet die Basis zur Bildung des selbstaendigen Nationalstaates der Tuerktataren entlang der Wolga.?(65)
Auch auf der offiziellen Homepage der Republik Tatarstan kann diese Traditionsbildung von einer direkten Verbindung der Tataren zu den alten Wolgabulgaren nachgelesen werden. Damit einher geht die Relativierung der mit den Russen erlebten gemeinsamen Geschichte: Waehrend im Jahre 2004 die historische Darstellung im Internet knapp ausfiel, jedoch die angesprochene Verbindungslinie klar gezeichnet wurde, ist im Jahre 2005 dieser Internetauftritt ausfuehrlicher. Unter dem Abschnitt Zemgyrjat? (Allgemeines) findet sich Tarich (Geschichte). Betont wird das 19. Jahrhundert, denn in dieser Zeit habe sich eine moderne tatarische Nation (millet) gebildet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts formierten sich dann die tatarischen politischen Bewegungen, die den Nationalgedanken vorantrieben.(66)
Die Wolgatataren haben mittlerweile einen eigenen Weg gefunden und sich offen von dem russischen abgewandt, in Teilen sogar den Islam als Abgrenzung zu Russland wiederbelebt.(67) In Kalenderblaettern zum Jahr 2005, die zu jedem Tag Ereignisse und Legenden aus der tatarischen Geschichte wiedergeben, wird dies ebenso deutlich. Der Bruch mit der russischen Buerokratie zeigte sich bei den hier vorgestellten Dokumenten. Sie gaben den im Laufe des 19. Jahrhunderts spuerbaren Differenzen zwischen Russen und Tataren nach der Jahrhundertwende eine Stimme. Anlass dieser Konflikte war das gegenlaeufige Interesse beider Voelker in Zentralasien. Gerade hieran kann nachvollzogen werden, wie abhaengig die Geschichte Russlands vom Dialog des Zentrums mit der Peripherie ist, den die historische Forschung insgesamt staerker beruecksichtigen sollte.


Anmerkungen

1. MANZ, B.F., Central Asian Urprisings in the Nineteenth Century: Ferghana under the Russians. In: The Russian Review 46 (1987), S. 267-281.
2. Chefredakteur der Zeitung war von 1883 bis 1917 N.P. Ostroumov. Die ?Turkestanskye vedomosty? wollten den Einheimischen administrative und ?nuetzliche Nachrichten? (poleznye svedenii) aus Geschichte und Geographie vermitteln. Vgl. BARTOL?D, V.V., Socinenija. Tom II, Cast? 1: Obscie raboty po istorii srednej azii. Raboty po istorii Kavkaza i vostocnoj Evropy, Moskva 1963. S. 313.
3. Zit. n.: CARRERE D?ENCAUSSE, H., Tsarist educational policy in Turkestan, 1867-1917. In: CENTRAL ASIAN REVIEW 4 (1963), S. 374-394, 382. Es war der turkestanische Generalgouverneur S.M. Duchovskij, der nach dem Aufstand von Andizan schliesslich forderte, die in seinen Augen fuer Russland gefaehrliche und feindliche muslimische Frage endgueltig zu loesen. Vgl. KEMPBELL, E.I., Musul?manskij vopros v Rossii: Istorija obsuzdenija problemy. In: ISTORICESKIE ZAPISKI, Nr. 4 (122) 2001, S. 132-157, 135f.
4. DOSTOEVSKIJ, F.M., Polnoe Sobranie socinenij. Bd. 27, Leningrad 1984, S. 36.
5. Eine schoene begriffgeschichtliche Zusammenfassung (nicht nur) zu dem ?orientalischen Tataren? gibt OSTERHAMMEL, JUERGEN, Die Entzauberung Asiens. Europa und die asiatischen Reiche im 18. Jahrhundert, Muenchen 1998, S. 246-264.
6. Eine schoene begriffgeschichtliche Zusammenfassung (nicht nur) zu dem ?orientalischen Tataren? gibt OSTERHAMMEL, JUERGEN, Die Entzauberung Asiens. Europa und die asiatischen Reiche im 18. Jahrhundert, Muenchen 1998, S. 246-264.
7. Wenn im vorliegenden Text von Tataren die Rede ist, meine ich die Angehoerigen der Wolgatataren, deren Hauptstadt Kazan? an der mittleren Wolga liegt.
8. BARTOL?D, V.V., Istorija izucenija Vostoka v Evrope i Rossii. Leningrad 1925, S. 182.
9. Man denke hierbei an pantuerkische Reformbewegungen: Vgl. NOACK, CHR., Muslimischer Nationalismus im Russischen Reich. Nationsbildung und Nationalbewegung bei Tataren und Baschkiren, 1861-1917, Stuttgart 2000; vor kurzem erschienen auch die Memoiren von KARMYSHEVA, G., K istorii tatarskoj intelligencii, 1890-1930-e gody. Memuary (sostavlenie B.Ch. Karmysevoj), Moskva 2004.
10. Traditionell hatten die Tataren Einfluss auf die Kasachen ausgeuebt, ihnen aber nicht nur westliche Gedanken naehergebracht, sondern die fuer Russen unerwuenschten islamisch-protonationalen Bewegungen ausgeloest. Das angestrebte Fernhalten der Tataren von den Kasachen half aber nicht, diese in das Zarenreich staerker zu integrieren. Vielmehr trug dieser Prozess mittelfristig zur Erweckung einer kasachischen Nationalbewegung bei. Vgl. dazu: KAPPELER, A., Russland als Vielvoelkerreich. Entstehung ? Geschichte ? Zerfall, 2., durchgesehene Aufl., Muenchen 1993, S. 159.
11. Vgl. u.a. MUCHAMETSIN, R.M., U.A., Obscestvennaja zizn? i kultura. In: URAZMANOVA, R.K.; CESKO, S.V., Tatary. Moskva 2001, S. 404-422; GOECKENJAN, H., Die Tataren. Eroberer ? Haendler ? Reformer, in: JAEHNE, G., Republik Tatarstan. Wirtschaftliche Probleme einer Region in der Russischen Foederation, Berlin 1995, S. 9-32, hier: 17-22; GILJAZOV, I., Die Wolgatataren und Deutschland im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. In: KUEGELGEN, A.VON U.A. (HG.), Muslim Culture in Russia and Central Asia from the 18th to the Early 20th Centuries. Vol. 2: Inter-Regional and Inter-Ethic Relations, Berlin 1998, S. 335-353, hier: 336-341; USMANOVA, D., Musul?manskaja Frakzija i problemy ?svobody sovesti? v Gosudarstvennoj Dume Rossii (1906-1917). Kazan? 1999; DIES., Musul?manskie deputaty v Gosudarstvennoj dume Rossijskoj Imperii 1906-1917, Avtoreferat dissertacii na soiskanie ucenoj stepeni doktora istoriceskich nauk, Kazan? 2004.
12. Letztlich dort entstand nicht ohne Grund an einer der aeltesten Universitaeten Russlands eine bedeutende Abteilung fuer Orientkunde (vostokovedinija). Derzeit arbeite ich an einem Aufsatz ueber die deutschen Orientalisten, die in Kazan? im 19. Jahrhundert taetig waren und dort am Aufbau des beruehmten Institutes mitarbeiteten, das in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach St. Petersburg uebersiedelte. Zur Orientierung seien zur Kazaner Orientforschung wie zu der Geschichte der dortigen 1804 gegruendeten Universitaet vorab besonders folgende Untersuchungen genannt: VYSLENKOVA, E.A., Pervye gody universiteta (1804-1827). In: ERMOLAEV, I.P. (HRSG.), Istorija Kazanskogo Universiteta 1804-2004. Kazan? 2004, S. 10-71; DIES., Jubilejnye istorii Kazanskogo universiteta. In: Otecestvennaja istoria 2005, 5, S. 133-141; DIES., Revizor, ili slucaj universitetskoj proverki 1819 goda. In: Otecestvennaja istoria 2002, 4, S. 22-35; KOROLEV, V.S.; PISAREVA, S.V., Dvuchvekovoj put?. Kazanskij gosudarstvennyj universitet. Kazan? 2003; MAURER, T., Hochschullehrer im Zarenreich. Ein Beitrag zur russischen Sozial- und Bildungsgeschichte, Koeln 1998; DIES., ?Abkommandiert? in die ?akademische Freiheit?, in: TAJB Bd. XXIV (1995), S. 63-104; USMANOV, M.A., Iz istorii sotrudnicestva ucenych Kazanskogo universiteta i Germanija (pervajja polovina XIX. v.), in: Grani sotrudnicestva. K 10-letiju Soglasenija o sotrudnicestve mezdu Kazanskim i Gissenskim universitetami, Kazan? 1999, S. 21-39; KORBUT, M.K., Kazanskij Gosudarstvennyj Universitet imeni V.I. Ul?janova-Lenina. Za 125 let, 1804/05-1929/39, Tom I / II, Kazan? 1930; vgl. zudem die Ausgaben der Zeitschrift RUSSKUJU STARINU: ijul? 1907, S. 21-36; ijul? 1908, S. 241-255; avgust 1908, S. 581-600; oktjabr? 1908, S. 245-264; nojabr? 1908, S. 447-468; dekabr? 1908, S. 721-733.
13. NACIONAL?NYJ ARCHIV RESPUBLIKI TATARSTAN (NA RT), Fond 92, Opis 2, Ed.chr. 17114, Delo kanceljarii Popecitelja Kazanskago Ucebnago Okruga ob materialami po musul?manskomu voprosu. Zapiska po delam very musul?man-sunnitov: Russkaja grammotnost? v sredi sluzitelej musul?manskoj very, S. 13.
14. Vgl. meine unveroeffentlichte Magisterarbeit HAPPEL, J., ?Nach Asien kommen wir als Herren?. Russische Kolonialpolitik in Mittelasien zwischen 1907 und 1916, Giessen 2004.
15. Vgl. SLOCUM, J.W., Who, and When, Were the Inorodtsy? The Evolution of the Category of ?Aliens? in Imperial Russia, in: The Russian Review 57 (April 1998), S. 173-190, 178. Vgl. auch KAPPELER, A., Russlands Frontier in der Fruehen Neuzeit. In: ASCH, R.G., U.A. (HRSG.), Frieden und Krieg in der Fruehen Neuzeit. Die europaeische Staatenordnung und die aussereuropaeische Welt, Muenchen 2001, S. 599-613, 610-612.
16. NA RT, f. 92, op. 2, ed.chr. 17114, S. 44.
17.Vgl. die schoene Literaturzusammenstellung und ?einfuehrung: USMANOVA, D.M., Duchovaja zizn? tatarskogo naroda v nacale XX veka. Programma speckursa, Kazan? 1996. Dokumente zur Taufe der Tataren sind folgender Dokumentensammlung zu entnehmen: KRESCENIE TATAR. Sbornik dokumentov, Kazan? 2002. Fuer Anregungen rund um die Apostasiewelle danke ich den langen Gespraechen mit Andreas Frings (Mainz) nach dessen Vortrag ?Muslimische Lebenswelten im multiethnischen Volga-Kama-Raum ? eine handlungstheoretische Analyse der Apostasiewelle von 1866?, gehalten auf der Konferenz ?Lebenswelten der multiethnischen baeuerlichen Bevoelkerung im Schwarzmeer- und Wolgagebiet vor 1917?, Goettingen 2005.
18. WERTH, P.W., At the Margins of Orthodoxy. Mission, Governance and Confessional Politics in Russia?s Volga-Kama Region, 1827-1905, Ithaca; London 2002. Der Autor kann glaubhaft zeigen, dass die Tataren durch die Hinwendung eines Teils der russischen Oeffentlichkeit gegen den Islam zu Beginn der Kolonialisierung Zentralasiens, wieder zurueck zu den alten, konservativen islamischen Wurzlen strebte. Ebd., S. 137.
19. NA RT Fond 92, Opis 2, Ed.chr. 17114, S. 13.
20. Ebd., S. 19.
21. Ebd., S. 30f.
22. Die russische Verwaltung bezeichnete die Kasachen bis 1925 als Kirgisen, um sie von den Kosaken unterscheiden zu koennen, und die Kirgisen als Kara-Kirgisen (Schwarze Kirgisen). Vgl. BARTHOLD, W., Zwoelf Vorlesungen ueber die Geschichte der Tuerken Mittelasiens. Hildesheim 1962, S. 243f.; ebd., S. 235. Vgl. zur Namensetymologie DERS., Socinenija. Tom V: Raboty po istorii i filologii tjurkskich i mongol?skich narodov, Moskva 1968, S. 535: Das tuerkische Wort Kazak (russ. Казак) bedeutete Raeuber (razbojnik), Rebell (mjateznik), Abenteurer (avantjurist). Entlehnt aus den Tuerksprachen bezeichnete es im Russischen einen Menschen ohne Familie und Besitz, spaeter sogar ein umherziehendes/vagabundierendes Leben. Vgl. dazu auch RADLOFF, W., Aus Sibirien. Lose Blaetter aus dem Tagebuche eines reisenden Linguisten, erster Band, Leipzig 1884, S. 192f.
23. NA RT Fond 92, Opis 2, Ed.chr. 17114, S. 32.
24. Schon Ende des 19. Jahrhunderts wollte man den Einfluss der Tataren gezielt zurueckdraengen, so WEEKS, TH., Slavdom, Civilisation, Russification: Comments on Russia?s world-historical mission, 1861-1878. In: AB IMPERIO, Nr. 2 (2002), S. 223-248, 236; ALLWORTH, E. (HRSG.), Central Asia. A century of Russian Rule, New York 1967, S. 161f.
25. NA RT, F. 92, Op. 2, Ed.chr. 17114, S. 34. In der fruehen Sowjetunion nahm man den Kampf gegen den Tschador, den Schleier der Frau, anknuepfend an UEberlegungen aus der Zeit des Zarenreiches auf. Vgl., BABEROWSKI, J., Verschleierte Feinde. Stalinismus im sowjetischen Orient, in: GESCHICHTE UND GESELLSCHAFT 30 (2004), S. 10-36, 29-36. Ferner: NORTHROP, D., Language of Loyalty: Gender, Politics, and Party Supervision in Uzbekistan, 1927-41. In: THE RUSSIAN REVIEW 59 (2000), S. 179-200; DERS., Subaltern Dialogues: Subversion and Resistance in Soviet Uzbek Family Law. In: SLAVIC REVIEW 60 I (2001), S. 115-139.
26. HAPPEL, S. 60-68.
27. AZIATSKAJA ROSSIJA, I: Ljudi i porjadki za uralom. Izdanie pereselenceskago upravlenija glavnago upravlenija zemleustrojstva i zemledelija, S.-Peterburg? 1914, S. 257.
28. Eine islamische Schule (Mektebe; tat. мeктeп; uzb. мактаб).
29. Vgl. WILLIAMS, D.S.M., The traditional muslim schools of the settled regions of Central Asia during the Tsarist period. In: CENTRAL ASIAN REVIEW. Bd. 13 (1965), S. 339-349, S. 342.
30. Zit. n.: BENDRIKOV, K.E., Ocerki po istorii narodnogo obrazovanija v Turkestane. Moskva 1960, S. 45.
31. Vgl. CARRERE D?ENCAUSSE, Educational policy. S. 392. s. auch bei NOACK, S. 391f. die geringe Beruecksichtigung muslimischer Kinder bei der Verbesserung des Bildungsangebotes.
32. Vgl. CARRERE D?ENCAUSSE, Educational policy. S. 393.
33. NA RT, F. 92, Op. 2, Ed.chr. 8777, Perepiska o castnych musul?manskich mugallimach. Blatt 45. Mit tuerkischen Sprachen duerften zum einen die Tuerksprachen der Wolgaregion (Tatarisch, Baschkirisch, Cuvaschisch), zum anderen die zentralasiatischen (Kasachisch, Kirgisisch, Usbekisch, Karakalpakisch und Dialekte des Turkmenischen) gemeint sein. Zu den Tuerksprachen s. die guten Einfuehrungen mit Kurzgrammatiken bei JOHANSON, L.; CSATO, E.A. (HG.), The Turkic Languages. London; New York 1998. Die Bezeichnung finnische Sprachen bezieht sich auf die finno-ugrischen Voelkerschaften, die im mittleren Wolgagebiet siedeln. Dies sind die Komi, die Mari, die Mordwinen und die Udmurten. Vgl. dazu die uebersichtliche Tabelle ueber die ural-altaischen Sprachen bei NAPOL?SKICH, V., Predystorija narodov ural?skoj jazykovoj sem?i. In: ISTORIJA TATAR s drevnejsich vremen. Tom I: Narody stepnoj Evrazii v drevnosti, Kazan? 2002, S. 195-203, 196. Zu den finno-ugrischen Voelkerschaften erschien vor kurzem in der Reihe ?Narody i Kul?tury? eine schoene UEbersicht: MOKSCHIN, N.F. U.A. (HG.), Narody Povolz?ja i Priural?ja. Komi-zyrjane. Komi-permjaki. Marijzy. Mordva. Udmurty, Moskva 2000.
34. Pahlen (1861-1923) war ein aufgeklaerter Jurist und hatte ein Gespuer fuer fremde Voelker. Seine Familie, ein livlaendisches Adelsgeschlecht, genoss seit dem fruehen 18. Jahrhundert hohes Ansehen und grossen Einfluss in Russland. Die Vorfahren des Turkestan-Revisors standen oft in direktem Dienstverhaeltnis zu den russischen Zaren und bekleideten Ministeraemter und weitere wichtige Regierungspositionen. Pahlens schwierigste berufliche Station war seine Gouverneurstaetigkeit in Wilna, wo er 1905 in den Revolutionswirren beinahe einem Attentat zum Opfer gefallen waere. In Regierungskreisen galt er als ungemein faehiger und loyaler Buerokrat, weshalb man ihn auch nach Turkestan sandte. Vgl. ENCIKLOPEDICESKIJ SLOVAR?. XXII, S. 609f.; RUSSKIJ BIOGRAFICESKIJ SLOVAR?. S.-Peterburg 1902 (Nachdruck, New York 1962), S. 136-141; SCHLAU, W. (HG.), Sozialgeschichte der baltischen Deutschen. 2., verbesserte Aufl., Koeln 2000, S. 131. Pahlens Vater, Konstantin Ivanovic Pahlen (1830-1912) war als Justizminister (1867-1878) hauptverantwortlich fuer die grossen Justizreformen des Reiches, weshalb man ihn auch das ?Gewissen Russlands? nannte. Vgl. dazu die Einfuehrung von PIERCE, R.A. in: PAHLEN, COUNT K. K., Mission to Turkestan. Being the memoirs of Count K. K. Pahlen 1908-1909, London u.a. 1964. , S. vii-xv.
35. HAPPEL, S. 106-112.
36. Zit. n.: CARRERE D?ENCAUSSE, Educational policy. S. 390.
37. Vgl. VON DER PAHLEN, C. GRAF, Im Auftrag des Zaren in Turkestan 1908-1909, Stuttgart 1969, S. 72f.
38. Vgl. zum Dzadidismus die neue Untersuchung: ALIMOVA, D.A. (HG.), Markazij osit XX asr bosida: Islochotlar, jangilanis, tarakkiet va mustakillik ucun kuras (zadidcilik, muchtorijatcilik, istiklolcilik). Toskent 2001.
39. Zit. n.: ALLWORTH, The Modern Uzbeks. From the Fourteenth Century to the Present, a cultural history, Stanford 1990, S. 132.
40. Vgl. PAHLEN, S. 73.
41. Mugallim bezeichnet einen Lehrer an islamischen Schulen.
42. NA RT, F. 92, Op. 2, Ed.chr. 8777. Blatt 67. Der Autor nennt die Tuerkei, Aegypten und andere muslimische Staaten als die Ausbildungslaender.
43. Ebd. Mit Sicherheit ist anzunehmen, dass nicht alle im Ausland lebenden und studierenden Russlandmuslime sich gegen Russland und die Politik des Zaren wendeten. Viele sprachen sich sogar entschieden fuer ein Leben unter dem Weissen Zaren aus. Vgl. dazu LANDA, R.G., Islam v istorii Rossii. Moskva 1995, S. 156f.
44. NA RT, F. 92, Op. 2, Ed.chr. 8777. Blatt 50. Die Kasachen seien besonders offen fuer russische Einfluesse, so N. Ostroumov im Jahre 1899; zit.n. WEEKS, S. 238, Anm. 58.
45. NA RT, F. 92, Op. 2, Ed.chr. 8777. Blatt 47. Die Sowjets bedienten sich in den 1920/30er Jahren aehnlichen Methoden in der Verbreitung russischer wie tatarischer Klassiker in den im neuen Alphabet erscheinenden tatarischen Schriften; vgl. FRINGS, S. 33f.
46. Vgl. KHALID, A., Printing, Publishing, and Reform in Central Asia. In: International Journal of Middle Eastern Studies 26 (1994), S. 187-200, S. 189.
47. Vgl. OLCOTT, M.B., The Kazakhs. Stanford 1987, S. 101-109.
48. NA RT, F. 92, Op. 2, Ed.chr. 8777, Blatt 45.
49. ADAM, V., Russlandmuslime in Istanbul am Vorabend des Ersten Weltkrieges. Die Berichterstattung osmanischer Periodika ueber Russland und Zentralasien, Frankfurt am Main u.a. 2002, S. 467. Vgl. dazu auch LEWIS, B. U.A. (HG.), The Cambridge History of Islam. Volume 1A: The central islamic lands from pre-islamic times to the First World War, Cambridge u.a. 1970, S. 521f.
50. Zit. n.: ADAM,. S. 468. Im Pressewesen hatten die zentralasiatischen jadidistischen Journalisten bereits seit der russischen Revolution von 1905 Unterstuetzung von Istanbuler Intellektuellen erhalten. Vgl. BENNIGSEN, A.; LEMERCIER-QUELQUEJAY, CH., La Presse et le Mouvement National chez les Musulmans de Russie avant 1920. Paris; Le Haye 1964, S. 157f. Im Jahre 1909 studierten 63 Muslime aus dem Wolga-Ural-Gebiet in Istanbul. Dort und in allen wichtigen geistigen Zentren der arabischen Welt gab es Selbsthilfeorganisationen muslimischer Studenten aus Russland. Vgl. dazu NOACK, S. 427f.; 428, Anm. 145.
51. Vgl. ROEHRBORN, K., Pantuerkismus und sprachliche Einheit der Tuerkvoelker. In: HELLER, K.; JELITTE, H. (HG.), Das mittlere Wolgagebiet in Geschichte und Gegenwart. Frankfurt/Main u.a. 1994, S. 153-175, 166ff.
52. Vgl. BARTOL?D, Socinenija. II. S. 310-312.
53. Vgl. ADAM, S. 248.
54. NA RT, F. 92, Op. 2, Ed.chr. 8777, Perepiska o castnych musul?manskich mugallimach. Blatt 85-87. Zu den Begriffen ?nacija?, ?narodnost??, ?national?nost? vgl. u.a. STEINWEDEL, CH., To Make a Difference: the Category of Ethnicity in Late Imperial Russian Politics, 1861-1917. In: HOFFMANN, D.L. (HG.), Russian modernity: politics, knowledge and practices. Basingstoke 2000, S. 67-86, 71-75.
55. Vgl. BARTOL?D, Socinenija. II. S. 315.
56. NA RT, f. 977. Op.IFF. d. 232, Blatt 1-2 (veroeffentlicht in: Echo vekov 1/2 (2001), S. 215f.).
57. Der weit um sich greifende Aufstand von 1916 steht im Zentrum meiner Dissertation, an der ich derzeit an der Universitaet Basel arbeite. Es geht hierbei um das Verhaeltnis von zarischer Politik und nomadischen Lebenswelten. Zur Einfuehrung vgl. BROWER, D., Turkestan and the Fate of the Russian Empire. London; New York 2003.
58. NA RT, f. 977. Op.IFF. d. 2496, Blatt 3-4 (veroeffentlicht in: Echo vekov 1/2 (2001), S. 217f.).
59. Vgl. KAPPELER, Vielvoelkerreich. S. 287. HAMBLY, G. (HG.), Zentralasien. 9. Aufl., Frankfurt/Main 2002, S. 235, vermutet sowohl 200.000 Todesopfer als auch 200.000 Menschen auf der Flucht.
60. Vgl. BROWER, D., Kyrgyz Nomads and Russian Pioneers: Colonization and Ethnic Conflict in the Turkestan Revolt of 1916. In: JBfGOE 44 (1996), H.1, S. 41-53, S. 43.
61. Vgl. Vgl. SAROVA, P.N., Pereselenceskaja politika Carizma v Srednej Azii. In: Istoriceskie zapiski. 8 (1940), S. 3-36, 17.
62. Eine islamische Hochschule.
63. Vgl. LEWIS, Islam. S. 521; und PAHLEN, S. 71f. Zur Einflussnahme persischer Geistlicher im Kaukasus vgl. BABEROWSKI, J., Civilizatorskaja missija i nacionalizm v zakavkaz?e: 1828-1914 gg. In: GERASIMOV, I.; U.A. (HG.), Novaja imperskaja istorija postsovetskogo prostranstva. Kazan? 2004, S. 307-352.
64. Das Dokument hat ADAM, S. 461, veroeffentlicht.
65. CHAKIMOV, RAFAEL?, Istorija tatar: vzgljad iz XXI veka. In: ISTORIJA TATAR s drevnejsich vremen. Tom I: Narody stepnoj Evrazii v drevnosti, Kazan? 2002, S. 3-11, 3. Generell wird zurecht bezweifelt, dass die Geschichte Russlands nicht nur aus Moskau geschrieben werden kann (S.11).
66. Ich beziehe mich hier auf ungeordnete Arbeitspapiere des Lehrstuhls fuer tatarische Geschichte der Staatsuniversitaet Kazan`, die den Studenten als einfuehrendes Lehrbuch dienen. Die Texte liegen mir vor. Auf S. 97 beginnt der Abschnitt unter der Ueberschrift ?Der tatarische Nationalstaat entlang der Wolga. Die Bildung des Kazan?-Tatarischen Staates? mit den Zeilen: ?(?) Idel bue tatarlary milletenen toep sejasi burycy Idel bue Bolgary mirasyn saklap kalu hem sul nigezde Idel bue toerki tatarlarynys moestekyjl? milli deuelete formalasuyn tezmin itueden gyjbaret bula.?
In der sowjetischen Darstellung wurde das Verhaeltnis zwischen Sowjet-Russen und Tataren (natuerlich) freundlicher gezeichnet. Exemplarisch hierzu vgl. einige Seiten aus einem Buch fuer Achtklaessler aus dem Jahre 1957 zur tatarischen Literatur: ?Tatar chalyk avyz izaty?; gedruckt in Ausschnitten in POPPE, N., Tatar Manual. Descriptive Grammar and Texts with a Bashkir-English Glossary, The Hague 1963, S. 134-137.
67. Das erste Mal habe ich am 03.11.2004 die Seite www.tatar.ru aufgerufen und dort den historischen Abriss gelesen. Ein knappes Jahr spaeter, am 18.10.2005, sind die angesprochenen Erweiterungen hinzugefuegt worden. Bemerken moechte ich, dass die russische Uebersetzung im Internet wesentlich kuerzer ist. Deshalb sei hier ausschliesslich auf das tatarische Original verwiesen.
68. Ein wichtiger Hinweis fuer diese Entwicklung ist die neue Moschee ?Kul Sarif?, die im Kreml? von Kazan? steht und mit 57 Metern Hoehe die groesste in Europa (ausgenommen Istanbul) ist. Sie soll den wiedererstarkten islamischen Glauben unter den Tataren symbolisieren. Vgl. den Bericht von Jurij Nikolaev in der russischen Zeitung ?Izvestija? vom 24.06.2005 (Nr. 106): ?Kazan? otkryvaet samuju vysokuju mecet? Evropy?.
69. Diesen Kalender haben Studenten der Turkologie an der Justus-Liebig-Universitaet Giessen in dem Kurs ?Tatarische Lektuere: 1000 Jahre Kazan?, an dem ich im Sommersemester 2005 teilnahm, in Ausschnitten mit Professor Mark Kirchner gelesen. Ihm danke ich fuer seine grenzenlose Geduld, mit der er mich in die Feinheiten des Tatarischen einfuehrte.

Read comments (12)

URC FREEnet

coordinators of the project: kulthist@chelcom.ru, webmaster: